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Aenne Biermann (1898-1933), Selbstporträt, ca. 1931. Fotografie einer Collage, 12,3x16,6 cm (Pinakothek der Moderne; Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Inventar-Nr.: AJW 1286)

Zerstörtes Lebenswerk einer Künstlerin

Aenne Biermann ist junge Mutter und die Frau eines erfolgreichen Textilkaufmanns, als sie mit dem Fotografieren beginnt. Aus einer anfänglichen Spielerei, den Schnappschüssen fürs Familienalbum, entwickelt sich eine künstlerische Leidenschaft. Heute gilt Aenne Biermann als eine bedeutende Vertreterin der „Neuen Sachlichkeit“, einer neuen Stilrichtung in der Fotografie, die die Kunstszene in den 1920er und 1930er Jahren prägte.

Die Künstler*innen der sogenannten Neuen Sachlichkeit waren erschüttert und ernüchtert von den grausamen Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und der Wirtschaftskrisen in dieser Zeit. Deshalb kehrten sie sich ganz bewusst ab von den Kunstschaffenden dieser Zeit, die vor allem abstrakt gearbeitet hatten. Ihren neuen Stil fanden sie in einer möglichst nüchternen, statisch-realistischen Abbildung der Wirklichkeit. In der Fotografie arbeiteten sie objektiv-dokumentierend und nahmen dabei neue Perspektiven ein. Porträts und Stillleben rund um das Arbeits- und Alltagsleben von Menschen in Großstädten zählten zu den beliebtesten Motiven.

Drei der fünf abgebildeten Kunstwerke können der „Neuen Sachlichkeit“ zugeordnet werden. Wähle die entsprechenden Bilder aus.

Aenne Biermann stirbt im Januar 1933 im Alter von nur 34 Jahren an einer schweren Krankheit. Ihr Mann, der Kaufmann Herbert Biermann, verwahrt ihren Nachlass: In einer kurzen aber intensiven Schaffensphase hatte Aenne zwischen 1926 und 1932 mehr als 3.000 Negative produziert.

Als die Nationalsozialisten 1933 in Deutschland an die Regierung gewählt werden, grenzen sie Minderheiten, darunter auch jüdische Menschen, systematisch aus, verfolgen und ermorden sie. Die Biermanns sind nach nationalsozialistischer Definition jüdisch, auch sie treffen die antisemitischen Repressionen. Das Kaufhaus der Familie am Johannisplatz in der Geraer Innenstadt wird 1938 arisiert. Im Jahr 1939 sieht sich Herbert gezwungen, Gera zu verlassen und aus Deutschland auszuwandern.

Unter der „Arisierung“ im Nationalsozialismus versteht man eine Verdrängung von Juden aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben und ihre Zwangsenteignung. Ihr Besitz geht über in die Hände von sogenannten Ariern.

Vergleiche die beiden Bilder vom Johannisplatz in Gera. Achte dabei vor allem auf die Schriftzüge an der Häuserfassade. Was erzählen sie als Quellen zur Geschichte der Familie Biermann? Klicke zum Vergrößern auf das Bild.

Zum Zeitpunkt seiner Ausreise verschifft Herbert Biermann zwei Überseecontainer und flieht mit dem Zug und dem Flugzeug nach Palästina. Er entkommt damit dem Holocaust – im Gegensatz zu seiner Schwester Lily. Die Verschickung des ihm noch gebliebenen Hausstands wird in Italien aufgehalten. So muss er neben geliebten Menschen auch Erinnerungen und Wertgegenstände zurück lassen . Doch was geschah mit Aenne Biermanns Fotokunst?

Heute ist von ihrem mehrere tausend Negative und Abzüge umfassenden Werk nur noch ein kleiner Bruchteil erhalten: Einzelne Arbeiten der Geraer Fotografin sind bereits zu ihren Lebzeiten an andere Orte gewandert. Im Rahmen von Ausstellungen und über den breiten Freundeskreis sind ihre Arbeiten von Museen angekauft und von Sammler*innen erworben worden. Nur durch sie kennen wir heute das Werk von Aenne Biermann.

Die BR-Dokumentation erzählt, was mit den vielen anderen Kunstwerken von Aenne Biermann in der Zeit des Nationalsozialismus passierte. Sieh dir den Ausschnitt von Minute 4:50 bis 6:28 an.

Nachhaltigkeit

Die Vereinten Nationen haben 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung festgelegt. BNE steht dabei für Bildung für nachhaltige Entwicklung mit dem Sinn, Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln zu befähigen.

Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen mit Erklärungen in leichter Sprache findest du HIER.

Informationen zum Museum
Die Biermanns waren eine von vielen Familien, deren Lebenswerk durch die nationalsozialistische Verfolgung zerstört wurde und die um ihr Leben bangen mussten. Hier erfährst du noch noch mehr über Aenne Biermann und ihr Leben. Auf der Plattform Kunst, Raub und Rückgabe kannst du noch mehr Lebensgeschichten kennenlernen. Kunst, Raub, Rückgabe ist ein Projekt der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.

Abbildungsnachweis Titelbild: Aenne Biermann (1898-1933), Selbstporträt, ca. 1931. Fotografie einer Collage, 12,3×16,6 cm (Pinakothek der Moderne; Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Inventar-Nr.: AJW 1286), © Bearbeitung: Museumspädagogisches Zentrum

Abbildungen Spiel „Neue Sachlichkeit“
Abb. 1: Emil Nolde, Tanz um das Goldene Kalb, 1910, Öl/Lw, 87,5 x 105 cm, Inv. Nr. 13351 (Pinakothek der Moderne, München © Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde)
Abb. 2: Aenne Biermann (1898-1933), Kinderhände, 1928. Originalabzug, 12,3×16,6 cm (Pinakothek der Moderne; Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Inventar-Nr.: AJW 427)
Abb. 3: Aenne Biermann (1898-1933), Dame mit Monokel, 1928/1929. Originalabzug, 17×12,6 cm (Pinakothek der Moderne; Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Inventar-Nr.: AJW 428)
Abb. 4: Georg Schrimpf (1889-1938), Stilleben mit Katze, 1923. Öl auf Leinwand, 60,7 × 45,5 cm. (Pinakothek der Moderne; Inventar-Nr.: 14099)
Abb. 5: Cy Twombly, Selfportrait (Gaeta), 2003, Dryprint auf Karton, 27,9 x 43,1 cm (Museum Brandhorst, © Cy Twombly Foundation)

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