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Scharfrichter

Mit Tricks gefilmt – die Figur

Um eine Geschichte zu erzählen, brauchen wir Protagonist*innen – also Personen, die sozusagen die Handlung „zum Leben erwecken“. In Film und Theater übernehmen Schauspieler*innen diese Rolle(n). Wahrscheinlich fallen dir dazu auf Anhieb die Hauptdarsteller*innen deiner Lieblingsfilme ein. Nun, Geschichten können auf unterschiedliche Art und Weise erzählt werden – nicht nur in Film und Theater, mit „lebendigen“ Darsteller*innen. Auch sogenannte Spielfiguren – also Marionetten, Handpuppen, Stab- und Schattenspielfiguren – verkörpern unterschiedlichste Charaktere in Theaterstücken. Eine der bekanntesten Figuren in Deutschland ist sicher der Kasperl, der in vielen Ländern die Rolle des Spaßmachers übernimmt, aber natürlich überall einen anderen Namen hat.

Figurentheater – kein „Kinderkram“!

Falls du glaubst, das alles wäre nur „Kinderkram“, dann hast du dich getäuscht: Die ersten Kasperlstücke waren derbe Unterhaltung für Erwachsene, gespielt als Straßentheater auf Volksfesten und Märkten. Schattenspielfiguren, die Erwachsene und Kinder unterhalten, haben sich ausgehend von Asien über die ganze Welt verbreitet.  Bis heute gibt es Figurentheater für Erwachsene, bei dem Spielfiguren und Schauspieler*innen zum Teil gemeinsam auf der Bühne auftreten.

Fingerspielfigur Collage. © Museumspädagogisches Zentrum

Auf der Bühne agieren – genau das wollen wir hier auch. Und zwar nicht mit Schauspieler*innen, sondern mit einer einfach herzustellenden Papierfigur, die wir als Collage aus alten Illustrierten, Postkarten oder Flyern anfertigen.

Die Inspiration

Marionetten aus den 1970er und 80er Jahren, die damals in einem Theater für Erwachsene aufgetreten sind, dienen dir als Inspirationsquelle. Die Spielfiguren sind vielleicht auf den ersten Blick ungewöhnlich, da sie sich von denjenigen des traditionellen Marionettentheaters unterscheiden. Der Künstler Ben Vornholt hat sich für seine Marionetten von der Kunst der 1920er Jahre inspirieren lassen.

Marionette „Drahtkorb-Kopf“, Ben Vornholt, „Die Klappe. Das Kabarett an Fäden“, 1973. © Münchner Stadtmuseum, Sammlung Puppentheater / Schaustellerei, Foto: Ernst Jank

Also, ich darf vorstellen: Unsere Figur heißt „Drahtkorbkopf“-Marionette. Der übergroße Drahtkorbkopf mit den intensiv blickenden, kugelrunden Augen lenkt sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Körper, Arme und Beine wirken dagegen fast verschwindend klein und zart. Die Proportionen der Marionette sind, wie oft auch in der modernen Kunst, bewusst nicht naturgetreu. Wie wirkt sie dadurch auf dich? Ist der Blick frech und vorwitzig oder eher besserwisserisch? Die Augen scheinen zu sprechen. Spricht auch der Mund, der nur ein kleiner roter Strich ist?

Typen, Rollen und Charaktere gesucht!

Wenn du der Figur deine Stimme leihst, was würde diese Marionette wohl sagen? Was für eine Rolle könnte sie spielen? Ist sie lustig und frech, nett und freundlich oder …? Notiere dir deine Ideen auf einem Ideenzettel.
Vergleiche nun diese Figur mit einer anderen Drahtkorbkopf-Marionette. Zunächst scheinen sich die beiden sehr ähnlich zu sehen. Doch der Ausdruck beider Figuren ist unterschiedlich. Wodurch entsteht dieser Ausdruck? Und wie verhalten sich Kopf, Kinn, Hals und Körper in ihrer Gestaltung zueinander?

Die Drahtkorbkopf-Marionetten traten einst in dem Göttinger Theater „Die Klappe. Kabarett an Fäden“ auf, einem Theater für Erwachsene. Gespielt wurden oftmals nur kurze, kleine Szenen und keine abendfüllenden Stücke. Sie waren pantomimisch. Lediglich Klanggeräusche und Musik begleiteten die Aufführungen. Die beiden szenischen Stücke unserer Marionetten hießen „Typen“ bzw. „Konversation“. Welche „Typen“ haben die beiden Drahtkorbkopf-Marionetten wohl verkörpert und welche Konversation, welche Unterhaltung, haben sie miteinander geführt?
Ganz zum Schluss lassen wir noch eine weitere Marionette auf der Bühne auftreten. Es ist das „Gelbe Wesen“. Wie gefällt es dir?

Marionette „gelbes Wesen“, Ben Vornholt „Die Klappe. Das Kabarett an Fäden“, 1985. © Münchner Stadtmuseum, Sammlung Puppentheater / Schaustellerei, Foto: Ernst Jank

Welche Geschichte oder welches Gespräch wird sich nun unter den drei Marionetten entwickeln? Notiere deine Ideen.

Deine Papierfigur

Und nun zu deiner Figur. Wie soll sie aussehen und welche Rolle wird sie spielen? Oder hast du vielleicht sogar schon eine Geschichte, eine Story, für die du eine Figur schaffen möchtest? Notiere dir drei Adjektive, die deine Spielfigur charakterisieren. Deine Papierfigur gestaltest du als Collage aus verschiedenen Abbildungen und Materialien.

Du brauchst:
• Alte Illustrierte, Flyer, Postkarten – alles, was in die Papiertonne müsste
• Eine normal große Schere und noch eine zweite, kleinere Schere
• Klebstoff, am besten einen Klebestift
• Ein festeres Papier, z. B. Fotokarton, oder alte Verpackungen, z. B. eine Müslischachtel
• Buntstifte
• Weiteres Recyclingmaterial zum Gestalten und Verzieren
• eventuell einen Schaschlikspieß und ein Kreppklebeband

Und so geht’s:
Suche in alten Zeitschriften, Prospekten, Postkarten usw. verschiedene Abbildungen von Menschen und schneide sie aus: kleine, große, dünne, schicke, sportliche, … – je unterschiedlicher, desto besser. Tiere und Gegenstände sind ebenfalls gut geeignet. Achte darauf, dass die Bilder nicht zu klein sind, da du immer nur einen Teil der Figur verwendest. Aus den Abbildungen die einzelnen Gliedmaßen – wie Kopf, Arme, Bauch, Hände oder auch weitere Details wie Füße oder Nase – ausschneiden Dann versuche daraus eine Figur zu legen.

Deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: Ein kugeliger Gegenstand wird zum Bauch, eine Giraffe liefert den Hals, der Kopf gehört einer Frau, die Nase einem Ameisenbär usw. Probiere mehrere Varianten aus. Wenn du eine Figur geschaffen hast, die dir gefällt, klebe die Einzelteile auf einen festen Fotokarton auf. Alternativ kannst du dafür auch alte Verpackungen wie etwa Müslischachteln verwenden. Fehlt noch etwas? Dann male doch noch weitere Details dazu und schneide deine Figur anschließend aus. Du kannst sie mit weiteren Materialien, z. B. mit alten Geschenkbändern, Zitronennetzen oder Perlen, ausgestalten.

Das Spiel mit der Figur

Ob du deine Papierfigur nun mit einem Finger spielst oder mithilfe eines Stäbchens als Stabfigur, hängt von deiner Kulisse ab. Bei einer Schuhschachtelkulisse z. B., die eine Rückwand hat, kannst du die Figur nur mit einem Stab von oben führen. Bei einer hinten offenen Kulisse kannst du die Figur auch als Fingerspielfigur gestalten.

Fingerspielfigur:
Schneide dazu ein kleines Loch – z. B. für den Zeigefinger oder den kleinen Finger – in die Figur. Das Fingerloch kann der Bauchnabel oder die Zunge sein. Tiefer als auf Höhe des Bauchnabels sollte das Fingerspielloch nicht ausgeschnitten werden, sonst verliert die Figur das Gleichgewicht! Du kannst offen auf einem Tisch spielen oder auch verdeckt hinter einer Leinwand, dann entsteht ein Schattentheater.

Fingerspielfigur Collage. © Museumspädagogisches Zentrum

Stabfigur:
Für eine Stabfigur benötigst du noch ein Holzstäbchen, z. B. einen Schaschlikspieß, und ein Klebeband zum Befestigen des Holzstäbchens an der Figur. Den Stab etwa in der Körpermitte festkleben. Er zeigt entweder nach oben oder nach unten – je nachdem, ob du die Figur von oben oder von unten führen möchtest. Das hängt von deiner Kulisse ab.

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Informationen zum Museum
Im Münchner Stadtmuseum kannst du dir die verschiedensten Dauerausstellungen ansehen, darunter auch die Sammlung Puppentheater/Schaustellerei.

Abbildungsnachweis Titelbild: Thomas Theodor Heine, „Ein „11 Scharfrichter“-Abend am Mittwoch 15. Juni 1927“ (Ausschnitt), 1927. © Münchner Stadtmuseum

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